Hintergründe. Die Frage, die meiner Arbeit zugrunde liegt, lautet: Was bleibt von der Natur, was bleibt ewig. Ihr versuche ich in Zeichnungen, Collagen, Druckgrafik, Stickereien und textilen Arbeiten auf den Grund zu gehen, diese Ewigkeit vielleicht sogar ein bisschen zu beschwören, auf dass sie erhalten bleibt. 

„Wo kommt das Wort Landschaft her? Hat es was zu tun mit Land und schaffen?  Also eine Gegend, die durch Menschen entstanden ist? Wer hat Landschaften geschaffen? Menschen haben sie nur verändert, immer und immer wieder. Totalcharakter einer Erdgegend, soll Alexander von Humboldt Landschaften definiert haben. “ 

(Ute Bales, Vom letzten Tag ein Stück, Rhein-Mosel-Verlag, 2021)


Angestoßen von diesen Zeilen entstanden Gedanken über die Unveränderlichkeit einer Landschaft. Befindet sich in jedem von uns eine (mentale, spürbare) Blaupause der Umgebung, in der wir aufgewachsen sind? Was bedeutet diese Landschaft für uns? Was ist Heimat? Wie hat sie uns geprägt und wie fühlen wir uns mit ihr verbunden? Was geschieht, wenn sich die Ewigkeit einer Hügelkette als Illusion herausstellt?

Mich interessiert das, was nicht direkt ins Auge fällt, was keinen wirtschaftlichen Nutzen hat, was nicht begärtnert wurde oder das Etikett Landschaftsarchitektur bekommen hat. Ich suche in der Natur nach scheinbar „unnützen“ Abschnitten eines Geländes, überwachsenen Böschungen, Felsen oder Löchern unter Baumstümpfen, deren Inneres dem Blick und Werturteil des Menschen entzogen ist. Meine Hoffnung ist, dass es gerade das sein wird, was bleibt: vergessene Ecken, wo das Leben still und heimlich weitergeht.

Da ich an der Mosel aufgewachsen bin, befindet sich auch in mir zwangsläufig eine Blaupause der durch die Monokultur des Weinbaus geprägten Hänge. Zuhause fühle ich mich jedoch in der urwüchsigen, rauen Landschaft der Vulkaneifel. In ihr habe ich eine mentale Heimat gefunden, den äußeren Widerhall einer inneren Sehnsucht. Doch auch dort begegnet man der menschgemachten Veränderung in Form des Abbaus der Vulkanberge. In den Steinbrüchen, oftmals verborgen vom Blick der Touristen, offenbaren sich die Erdschichten der aufgebaggerten, bloßgelegten Bergflanken. Hausberge sind nicht mehr zwangsläufig ein konstanter Teil des täglichen Blickes. 

Grundlage ist immer das Zeichnen, Linie und Fläche sind die Basis der Darstellung. Mit der Zeit entstand eine Art Alphabet der Linie, speziell in der „Gestrüpp“-Serie, die sich stetig weiterentwickelt. Ich habe festgestellt, dass sich die verschiedenen Medien gegenseitig bedingen und bereichern. Beim Aufnähen eines flächigen Stück Stoffs an einen Untergrund kann mir der Impuls für einen Linolschnitt kommen, meine Art des Zeichnens findet sich in den Stickereien wieder usw. 

„Alexandra Schmiedebach ist eine virtuose Zeichnerin, eine Meisterin der Linie, ob die nun ein Faden ist, ein Bleistiftstrich, der scharfe Schnitt eines Holzschnitts oder der weichere, variablere eines Linolschnitts. Hochvirtuos sind ihre kleinformatigen schwarz-weißen Bleistiftzeichnungen. Im grau-weißen Kosmos der kleinen Naturstücke wird die Künstlerin gleichermaßen zur Forscherin, Entdeckerin Schöpferin neuer Welten. In den geheimnisvollen, fantastischen Mini-Universen verdichten sich wie anderswo im Werk Innen- und Außenschau. … Man kann die Frau mit den wachen Augen ohne weiteres als Neo-Romantikerin bezeichnen, mit ihrem Naturverständnis und dem Blick nach innen, wenn sie so hochkonzentriert im Schaffensprozess die Linie steuert und sich dabei dennoch auch von ihr leiten lässt.“

(Eva-Maria Reuther in ihrer Kritik der Einzelausstellung „was bleibt“ im Cusanus-Geburtshaus, Bernkastel-Kues; Trierischer Volksfreund, 20.07.2023)